Menschen mit AGS müssten folgende Hormone lebenslang ersetzen:
>> Stresshormon, das den Blutzucker stabilisiert: Cortisol (Glukokorikoid) >> Wirkstoff Hydrocortison (Medikament: Hydrocortone®)
Bei „AGS mit Salzverlust“ außerdem:
>> Hormon, das den Salzhaushalt reguliert: Aldosteron (Mineralokortikoid) >> Wirkstoff Fludrocortison (Medikament: Astonin® H)
Die Einnahme sollte alle 8 Stunden - zwischen 6:00 und 7:00 Uhr, gegen 14:00 Uhr und gegen 22:00 Uhr – erfolgen. Eine Verschiebung der Uhrzeiten +/- 1 Stunde ist unproblematisch.
(Achtung - sowohl bei Kindern und Erwachsenen: Cortison kann zu Einschlafschwierigkeiten führen. Die Abenddosis sollte daher so spät wie möglich - am besten unmittelbar vor dem Einschlafen - gegeben werden oder auch im Schlaf.)
· Um keine Medizingabe zu vergessen, ist es hilfreich, sich einen Wecker am Handy einzustellen.
· Zur Aufteilung der Tabletten/Kapseln gibt es Tages-Medikamenten-Dosierspender (Montag bis Sonntag / Früh-Mittag-Abend-Nacht) zu kaufen (Apotheke, Bandagist). Die Tages-Dosen sind praktisch zum Mitnehmen und man sieht an dem leeren Fach, dass die Tabletten auch wirklich verabreicht wurden.
· Wird die Medizin in Kapselform verabreicht, bewährt es sich, bei unterschiedlichen Dosierungen die Apotheke zu bitten, verschiedenfarbige Kapselhüllen oder unterschiedliche Kapselgrößen zu verwenden. Auf diese Weise sind Verwechslungen ausgeschlossen.
Unter der Fludrocortison-Therapie mit Astonin H soll auf den Blutdruck geachtet und bei den Kontrolluntersuchungen im Krankenhaus immer der Blutdruck gemessen werden.
Zubereitung: Die Kapseln öffnen und das Pulver mit Hydrocortison und (ev. Astonin H – sollte es nicht als Mini-Tablette verabreicht werden) auf einen Esslöffel geben. Mit einer 2 ml-Spritze Wasser aufziehen, vorsichtig dazu spritzen und mit der Spritze vermischen bis sich das Pulver mit dem Wasser verbindet und eine milchige Lösung entsteht. Bei Babys sollte das Wasser abgekocht sein.
Beim Stillen hat sich Folgendes bewährt: Hydrocortison + (ev. Astonin H) in einer 2 ml-Spritze (ohne Nadel) aufziehen. Das Kochsalz (Natriumchlorid) mit Wasser vermischt in einer extra Spritze aufziehen. Unmittelbar vor dem Anlegen an die Brust, dem Baby das Hydrocortison oral in den Mundwinkel applizieren. Dann sofort stillen. Während des Stillens dem Baby das Kochsalz (Natriumchlorid) in den Mundwinkel langsam dazuspritzen. Auf diese Weise kommt es zu keinem Würgereiz beim Baby (Die Salzlösung allein ist sehr salzig!). Es ist ratsam, das Baby nicht „bis zum Anschlag“ zu stillen, sodass es beim Aufstoßen nicht erbrechen muss. Prinzipiell sollten die Medikamente zu Beginn des Stillens verabreicht werden und nicht am Schluss!
Sollte das Hydrocortison-Granulat Alkindi für Säuglinge verwendet werden, ist es wichtig, dass das Granulat mit mindestens 10 ml Wasser „nachgespült“ wird, da es sonst verklumpt. Alkindi wird den Babys direkt in den Mund gegeben oder auf einem Löffel mit Brei verabreicht.
Erbricht das Baby nach dem Stillen größere Mengen, sollte die Hydrocortison-Gabe wiederholt werden:
· Erbrechen 0-15 Minuten nach Medikamentengabe: ganze Dosis erneut geben
· Erbrechen 15-30 Minuten nach Gabe: nach Möglichkeit nur die halbe Dosis erneut geben
· Erbrechen nach >30 Minuten: keine erneute Medikamentengabe, wenn es sich nur um normales „Spuckeln“ handelt und nicht um einen Schwall oder um wiederkehrendes Erbrechen im Rahmen eines Infektes.
Man kann dem Baby natürlich auch unabhängig von den Fütterungszeiten das Hydrocortison geben. So wird verhindert, dass das Medikament mit der Milch aufgestoßen und ausgespuckt wird.
Das in Wasser in einer 2 ml-Spritze aufgelöste Hydrocortison kann dem Kind auch im Schlaf in den Mundwinkel gegeben werden. Es ist nicht nötig das Kind zu wecken. Eventuell hilft es, den Kopf des Kindes leicht zu halten, dass es den Kopf nicht zur Seite drehen kann und so vor dem Hinunterschlucken nichts aus dem Mund herausläuft. Dann eventuell noch einmal 1 ml Wasser aufziehen und nachspritzen, so bekommt das Baby den bitteren Geschmack des Hydrocortison aus dem Mund.
Mit dem Fläschchen: Es ist ratsam, das Hydrocortison in einer Spritze aufzulösen und - bevor oder während das Fläschchen gegeben wird - dem Baby in den Mund zu spritzen. Die Medikamente nicht in die Milch geben, denn wenn das Baby das Fläschchen nicht austrinken mag, hat es auch nicht die gesamte Medikamentendosis bekommen. Außerdem können Reste vom Wirkstoff auch noch im Sauger verbleiben.
Stärkung, Zaubertrank, Medizin, Stresstablette (Hydrocortone) + Salztablette (Astonin H)
Das ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Es gibt Kinder, die schlucken die Kapseln/Tabletten schon im Alter von 2 Jahren. Die kleinen Astonin H (Wirkstoff: Fludrocortison) Tabletten können sogar schon im Säuglingsalter verabreicht werden. Andere bekommen die pulverisierten Tabletten bzw. den Inhalt der geöffneten Kapseln mit dem Löffel oder einem Bissen Essen verabreicht.
Kleiner Tipp: Wenn ein Kind einmal die Medizin verweigert, kein großes Ding daraus machen. Weggehen und in 10 Minuten wieder mit einem Schluck Wasser in den Mund geben, wenn das Kind im Spiel vertieft ist.
Auch das ist von Kind zu Kind und Familie zu Familie unterschiedlich. Empfehlenswert ist ein ganz natürlicher Umgang mit dem Thema. So wie jedes Kind regelmäßig essen und trinken muss, braucht ein Kind mit AGS ganz selbstverständlich drei Mal täglich seine Medikamente. Im Lauf der Zeit kann man die Verantwortung seinem Kind übertragen. Die Tabletteneinnahme anfänglich still zu beobachten ist sicherlich ratsam. Vor der 9. Schulstufe ist eine ganz selbständige und zuverlässige Medikamenteneinnahme allerdings selten zu erwarten.
Zur Förderung der Selbstständigkeit gibt es in Deutschland bereits Schulungen für Kinder (6-12 Jahre) und Jugendliche (12-18 Jahre). Unser Ziel ist es, diese auch in Österreich anzubieten. Wenn Sie Interesse haben, senden Sie ein E-Mail an: info@ags-oesterreich.at
Passend zum Thema: Das Netzwerk für Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen e.V. gibt 2021 zwei neue Broschüren heraus: 1. „AGS – erklärt für Kinder und Jugendliche“ / 2. „Unsere Erfahrungen – Der Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern mit Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen“.
In besonderen körperlichen Stress-Situationen muss die Hydrocortison-Tagesdosis um das 2- bis 5-fache erhöht werden (ev. aufgeteilt auf 4 Einzeldosen). Bei Menschen mit AGS sind dies Fieber (Temp>38,5 Grad Celsius), Krankheit, Schock, Unfall, operative Eingriffe, Narkose, Geburt... Bitte folgen Sie hier der Empfehlung Ihres behandelnden Arztes.
Bei leichtem psychischen Stress (Anspannung), wie etwa bei Kindergeburtstagen, Schularbeiten oder Sport-Bewerben, ist es im Allgemeinen nicht angezeigt, die Hydrocortison-Dosis zu steigern.
In Einzelfällen wir dies aufgrund des individuellen Empfindens der Betroffenen & des Erlebens der Situation jedoch anders gehandhabt (z.B. bei anstrengenden Bergtouren oder bei Marathonlauf, oder großem emotionalen Stress bei Abschlussexamen, Todesfälle in der Familie...)
Bei punktuellen Hydrocortison-Dosiserhöhungen an einzelnen Tagen besteht kein Risiko von Nebenwirkungen durch die höhere Dosis. Im Zweifelsfall bzw. bei Unsicherheit gilt immer, die Dosis zu erhöhen, um eine Nebennierenkrise zu verhindern. Das ist auf jeden Fall sicherer für den AGS-Patienten. Faustregel: Besser einmal zu viel gegeben, als einmal zu wenig!
Es wird empfohlen, nicht zu schnell zu reduzieren, sondern dies je nach Tempo der Genesung in 1-2-tägigen Abständen zu machen. Also 3-fache Dosis über 1-2 Tage, dann doppelte Dosis über 1-2 Tage, dann auf einfache Tagesdosis reduzieren.
Das Hydrocortison hilft auch den Blutzucker zu stabilisieren. Bei einem Mangel kann es deshalb auch zu Unterzuckerung kommen. Mögliche Symptome dafür wären: Zittrigkeit, starkes Schwitzen, Irritabilität (Empfindlichkeit bei Berührungen), gieriges Trinken,...
Wenn eine Unterzuckerung vermutet wird, sollte das Kind zuerst etwas Kohlehydrathaltiges zu essen oder trinken bekommen (bei Säuglingen: Milch). Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass die Zeit zwischen den Mahlzeiten nicht zu lang ist. Ggf. kann auch über eine vierte tägliche Hydrocortison-Dosis mit dem Arzt beratschlagt werden. Ggf. sollte auch ein Blutzuckermessgerät für zuhause rezeptiert werden.